Zukunft der Technik zu Gast bei Prof. Dr. Weitz Institut für Angewandte Physik, Bonn
Vortrag zum Thema „Stoßinduzierte Laserkühlung“
Die meisten Menschen verbinden Laserstrahlung mit dem Aufheizen von Materialien. Es zeigt sich aber, dass es Situationen gibt, in denen man Materialien mit Hilfe dieser Technologie nicht aufheizen, sondern – im Gegenteil – sehr weit herunterkühlen kann.
Das bekannteste Verfahren in diesem Zusammenhang ist die Dopplerkühlung verdünnter Gase, eine Technik, die derzeit in mehr als 100 Laboren weltweit untersucht wird.
Bei diesem Verfahren liegt der typische Druck bei unter 10 -8 Millibar. Mit Hilfe der Dopplerkühlung lassen sich solche Gase bis auf Temperaturen von etwa einem Millionstel Grad über dem absoluten Nullpunkts abkühlen.
Auch die Laserkühlung von Festkörpern konnte bereits demonstriert werden. Hierbei werden mittels Laser-Beschuss spezielle Festkörper auf bis herab zu 100 Grad Kelvin heruntergekühlt.
Die Situation ist wie folgt: In der Druck-Zelle befinden sich Argon-Atome und Rubidium-Atome. Die Rubidium-Atome gehen mit der Laserstrahlung eine Wechselwirkung ein, während die Argon-Atome hauptsächlich dazu dienen, mit den Rubidium-Atomen zu stoßen.
Wir verwenden Laserstrahlung von einer Wellenlänge, die typischerweise 10 bis 15 Nanometer längerwellig als die atomare Übergangswellenlänge ist. Für gewöhnlich würde sich bei den Rubidium-Atomen bei einem solch großen Wellenlängenunterschied keinerlei Wechselwirkung zeigen und die Laserstrahlung würde überhaupt nicht absorbiert. Das Licht würde einfach durch das atomare Gas hindurchgehen.
In diesem Hochdruck-Ensemble hingegen kommt es zu zahlreichen Stößen zwischen den Rubidium-Atomen und den Argon-Atomen, was dazu führt, dass sich die Energieniveaus der Rubidium-Atome mit jedem Stoß verschieben. Hierdurch kann die Laserstrahlung absorbiert werden und die Rubidium-Atome gehen schließlich in einen elektronisch angeregten Zustand über.
Nach dem Stoß entfernen sich die Rubidium- und Argon-Atome wieder voneinander, wobei sich die Energieniveaus wieder normalisieren.
Das Potenzial der Atome steigt somit an, wobei – das ist der springende Punkt – die Atome an Energie verlieren und abkühlen. Diese Energie wird dem Medium selbst entzogen, welches sich ebenfalls abkühlt. Am Ende kommt es zu einer elektronischen Abregung, wodurch eine Fluoreszenzstrahlung entsteht. Der Prozess kann wieder von Neuem beginnen.
Dieser Prozess lässt sich auch so verstehen, dass durch den Laserbeschuss kurzzeitig ein Excimer-Molekül bestehend aus einem Rubidium-Atom und einem Edelgasatom gebildet wird, welches aufgrund der thermischen Bewegung der Atome wieder zerreißt. Hierbei wird dem Medium Energie entzogen und ein Kühleffekt entsteht.Dieses stoßinduzierte Kühlverfahren erreicht eine Effizienzquote von 4 bis 5 Prozent. Teilt man die thermische Energie durch die Energie der Photonen, so ergibt sich ebenfalls ein Wert von 4 bis 5 Prozent.
Die derzeit mögliche relative Abkühlung liegt bei etwa 100 °, wir kühlen ein Alkaliatom-Argon Gasgemisch von etwa 400° Celsius auf 300° Celsius ab. Das zeigt die grundsätzliche Wirksamkeit des Verfahrens. Die hier erreichte Effizienz liegt deutlich über der Effizienz der Dopplerkühlung von ultrakalten Gasen.
Allerdings muss in unserem Beispiel deutlich mehr Materie abgekühlt werden, da der Druck viel höher liegt, wodurch eine ungleich höhere Menge an Atomen abzukühlen ist. Die Effizienz liegt hier ungefähr so hoch wie bei der Kühlung von Festkörpern. Bei diesem Effizienzniveau wäre es wahrscheinlich nicht ratsam, die Technologie in Kühlschränken in Privathaushalten einzusetzen, da sie nur die Stromrechnung in die Höhe treiben würde. Für spezielle Anwendungsfälle wie das starke Herunterkühlen von bestimmten Substanzen jedoch könnte eine weiterentwickelte Version der Technologie durchaus empfehlenswert sein. Sehr interessant wäre beispielsweise eine Nutzung zur Kühlung von astronomischen Kameras, um Rauschen zu reduzieren und die Empfindlichkeit zu erhöhen.
Eine andere Einsatzmöglichkeit wäre die Superkühlung von Gasen und Flüssigkeiten.
Werden Gase oder Flüssigkeiten sehr schnell abgekühlt, so zeigt sich, dass sie ihren Zustand länger halten können, als normalerweise zu erwarten wäre – dieser Effekt wird auch als Superkühlung bezeichnet und tritt beispielsweise bei Wasser auf.
Normalerweise gefriert Wasser bekanntermaßen bei 0° Celsius zu Eis. Sehr sauberes Wasser jedoch lässt sich auf bis zu -44°Celsius herunterkühlen ohne zu gefrieren. Bei sauberem Wasser entstehen keine Kristallisationskeime, wodurch es möglich wird, das Wasser auf bis zu -44° Celsius abzukühlen, ohne dass es gefriert. Dies ist darum so interessant, weil hierdurch neuartige kristalline und glasförmige Phasen entdeckt werden könnten. Für einige Forscher ist dies von großem Interesse.
Im unserem Fall könnte man versuchen, das Argongas sehr weit und sehr schnell herunter zu kühlen. Der Vorteil bestünde darin, dass dies mit Hilfe von Laserstrahlung weit von störenden Oberflächen entfernt geschehen könnte, was es erlauben würde, die Superkühlung von Argon weiter zu untersuchen.
Prof. Dr. Weitz Institut für Angewandte Physik, Bonn
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Vielleicht lässt sich die Technologie aber noch so umwandeln, dass sie in haushaltsüblichen Kühlschränken verwendet werden kann. Nur weil das Momentan nicht möglich ist, bedeutet es nicht, dass es gar nicht möglich ist. Die Superkühlung weiter zu untersuchen ist bestimmt spannend.