Plasma in der Industrie

Industrieplasma
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Was Plasma ist, welche Anwendung es in der Industrie findet und welche Vorteile diese Anwendung der Automatisierungsbranche bringt 

Plasma wird nicht umsonst mit einem sehr hohen Energielevel assoziiert: Sterne wie die Sonne, Blitz, Lichtershow des Universums. In der letzten Zeit kommen auch weniger spektakuläre und energieaufwendige Beispiele wie der Plasma-Fernseher aus unserem Alltag hinzu. Jedenfalls verbindet man Plasma mit etwas sehr Heißem. Doch es gibt auch so genanntes kaltes Plasma. In der Medizin zum Beispiel wird dieses bei der Wund- und Krebsbehandlung angewendet. Aber was ist Plasma überhaupt?

Plasma als ein hochenergetischer Zustand

Um den „Werdegang“ dieses Zustands vereinfacht darzustellen, reicht es, ein einfaches und bekanntes Umwandlungsparadigma von physischen Zuständen zu betrachten.

Für den Übergang eines Stoffs von einem Aggregatzustand in einen anderen ist immer eine Energiezufuhr vonnöten. So wandeln sich die Feststoffe unter Einwirkung von Energie in Flüssigstoffe. Führt man dem Stoff weitere  Energie hinzu – entsteht ein Gas. Das vierte Aggregatzustand, Plasma, ist nun die nächste Umwandlungsstufe.

Dabei gewinnt der entstandene Stoff auch neue wichtige Eigenschaften, wie zum Beispiel die elektrische Leitfähigkeit. Dies erfolgt dank Ionisation: Die Gas-Atome geben in Folge der Kollision mit zugeführten Teilchen ihre Elektronen ab. Diese befreien auf ihrem Weg weitere Elektronen – ein Domino-Effekt entsteht: Das Plasma wird geboren. Doch wenn Plasma ein hochenergetischer Zustand ist: Wie kann es kalt sein? Und was meint man überhaupt mit „kalt“?

Wie kalt ist kaltes Plasma?

Fachleute unterscheiden zwischen thermischen und nicht-thermischen (kalten) Plasmen. Die thermischen Plasmen sind logischerweise sehr heiß (bis über 105eV). Wie kalt oder heiß nicht-thermische Plasmen tatsächlich sind, hängt von deren Ionisationsgrad ab.

Die Herstellung des kalten Plasmas z. B. für medizinische Zwecke ist ein ausgeklügelter Prozess, bei dem nur die Elektronen stark erhitzt werden. Die Ionen bleiben relativ kalt. Die gemischte Plasmatemperatur bleibt dabei oft im relativ niedrigen Bereich (oder sogar im Bereich von Raumtemperatur), obwohl die Elektronen Tausende Grad heiß werden können. Um dies zu erreichen, muss die zugeführte Energie ganz genau dosiert werden.

Genau dieser Temperaturunterschied zwischen verschiedenen Teilchen ist einer der wichtigsten Unterschiede zwischen thermischem und nicht-thermischem Plasma. Die Ionen, Elektronen und neutralen Partikel im thermischen Plasma werden gleich heiß und das Plasma wird vollständig ionisiert.

Verwendung in der Industrie. Plasma-Oberflächentechnik

Plasma findet seinen Einsatz in verschiedensten Anwendungsbereichen der Industrie. Vor allem für die Behandlung von Werkstoffen ist es sehr effektiv. Reinigen, Aktivieren, Ätzen, Beschichten – für alle diese Vorgänge bedient sich die moderne Produktion der Eigenschaften des „vierten Aggregatzustands“.  

Plasmareinigung

Die Plasmareinigung bietet viele Vorteile wie die Anwendungsmöglichkeit bei sehr unterschiedlichen Werkstoffen, die feine Oberflächenbehandlung im Nanobereich, das dauerhafte Lösen der Silikone, Öle und Fette zwecks LABS-Freiheit. Außer für die Reinigung metallischer Bauelemente wird Plasma für die von zahlreichen Werkstoffen wie PE, PVC-C, PVC-U und PP angewendet.

Im Prinzip gehört diese Behandlungsmethode mit den ionisierten Gasen zu einer Art chemisch- physikalischer Reaktion, allerdings mit dem Vorteil, dass keine Verunreinigung mit Rückständen zu befürchten ist. Umweltfreundlich und produktiv, ist diese Behandlungsmethode aus vielen Produktionshallen nicht mehr wegzudenken.

Je nach Typ der Verunreinigung werden für die Plasmaerzeugung unterschiedliche Gase verwendet. Auch die Prozesstemperatur variiert stark.

Die nicht-thermischen Plasmabehandlungsmethoden werden (je nach Klassifikation) in mehrere Unterbereiche wie zum Beispiel Niederdruck- und Atmosphärendruckplasma-Behandlung unterteilt. Eine genaue Erläuterung würde den Rahmen des Beitrags sprengen. 

Industrietauglichkeit. Verarbeitungsgeschwindigkeit

Ob beim Beschichten, Kleben oder Lackieren – die Oberflächenvorbereitung mittels kaltem Plasma ist bestens geeignet. Außer dem Reinigungseffekt zählen die Verbesserung von Haftung und Benetzbarkeit zu den Verdiensten dieser Methode.

Auch die Verarbeitungsgeschwindigkeiten sind hoch genug, um eine Plasmaanlage in die Produktionslinien integrieren zu können. Das macht sie zu einer kostengünstigen und umweltfreundlichen Alternative. Im Gegensatz zu den klassischen Methoden wie Vakuumaggregaten werden hier keine nasschemischen Effekte ausgelöst.

Atmosphärendruckplasma oder Niederdruckplasma?

Für die automatisierten Produktionsprozesse ist die Verwendung von Atmosphärendruckplasma (ADP) üblich, da die ADP-Anlagen unter Normaldruckbedingungen einsatzfähig sind. Die Plasma-Düse kann in die Produktionsmaschine integriert werden und fährt die im Programm vorgegebene Strecke zügig ab. Bei der Anwendung von Niederdruckplasma ist ein Unterdruck und dementsprechend eine Kammer vonnöten. Aber auch NDP hat seine wichtigen Vorteile. So können Bauteile mit sehr komplexer Konfiguration und vielen schwer erreichbaren Flächen problemlos behandelt werden. Besonders bei der Herstellung von kleinen Elektronikteilen, in der Medizintechnik und in der Schmuckindustrie kommt diese Methode sehr oft zum Einsatz. Nicht nur für die Reinigung, sondern auch fürs Ätzen und Veredeln von Oberflächen werden die NDP-Anlagen mit Erfolg angewendet.

Die Vielfalt von Plasmaanwendungen ist beeindruckend und deckt ein breites Spektrum von Vorbehandlungsprozessen in der Industrie ab. Auch die Zukunft der Plasmaanlage angesichts der fortschreitenden Automatisierung ist viel versprechend.   

Über Kucherskyy 46 Artikel
Yevgeniy Kucherskyy ist der Inhaber der Content Marketing Agentur „Special Content“, Chefredakteur dieses Online-Magazins und Autor zahlreicher Fachbeiträge und Reportagen. Außerdem betreibt Yevgeniy Kucherskyy das Online-Magazin für Macher „Dein Werk“ und betreut mehrere Corporate Blogs für die Kunden der Agentur.

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